Was ist ein lebendes System?
Jede Art von Leben auf unserem Planeten kann als lebendes System betrachtet werden: Dies gilt für die einzelne Zelle, Mehrzeller, Menschen, Organisationen und ganzen Gesellschaften gleichermaßen. Das heißt Du, ich, und Dein Unternehmen sind lebende Systeme, die wiederrum aus lebenden Systemen zusammengesetzt sind. Die elementarste Einheit lebender Systeme, die Zelle, bildet hingegen den Übergang in die Welt des Unbelebten. Durch Beobachtung der Natur durch die Brille der Bionik können wir die grundlegenden Regeln erkennen, die lebende Systeme ausmachen.
Was denn für Eigenschaften?
Um in einer bestehenden Umwelt überleben zu können benötigt ein lebendes System bestimmte Eigenschaften: Ein Fisch muss unter Wasser atmen können, ein Unternehmen muss leistungsfähige und wettbewerbsfähige Produkte in seinem Wirtschaftssystem anbieten können. Alle lebenden Systeme sind darauf angewiesen sich Ressourcen- und Energieüberschüsse aus ihrer Umwelt zu beschaffen. Im Gegenzug müssen sie sich aber auch gegenüber dieser Umwelt abgrenzen, um sich vor schädlichen Einflüssen schützen zu können.
Woher kommen diese Eigenschaften?
Jedes lebende System auf unserer Erde besteht aus dem kleinsten gemeinsamen Nenner des Lebens: Der Zelle. Nicht nur deshalb sind Zellen der Benchmark für lebende Systeme, sondern Zellen sind auch seit Jahrmilliarden in einer veränderlichen Umwelt erfolgreich und funktionieren seither nach nahezu unveränderten Prinzipien und Funktionen. Die Verwirklichung dieser Prinzipien führt in seiner Gesamtheit zum Phänomen der Lebensfähigkeit.
Und was ist mit der Umwelt?
Jedes System besitzt seine ganz individuelle Umwelt, die wiederrum selbst ein übergeordnetes System darstellt. So eine Umwelt können Ihre Familie, Ihr Unternehmen oder auch ein Wirtschaftssystem sein. Jede Umwelt umfasst eine Vielzahl von lebenden (Teil-)Systemen, die miteinander im stetigen Austausch stehen. Lebende Systeme und Umwelt sind untrennbar miteinander gekoppelt und prägen sich wechselseitig durch jede Interaktion.
Was bringt mir oder meiner Organisation das?
Wie jedes Modell der Wirklichkeit ist auch das Modell der „Lebensfähigkeit von Systemen“ eine Sichtweise der Realität. Modelle helfen uns dabei diese Realität in geordnete Zusammenhänge zu bringen und für uns zu begreifen. Sind Modelle zu einfach besteht immer die Gefahr den komplexen Zusammenhängen nicht mehr gerecht zu werden. Andersherum sind Modelle nur dann hilfreich, wenn sie einem die gewünschte Orientierung geben, um daraus passende Handlungsoptionen abzuleiten. Seit ich meine Realität im Kontext der Lebensfähigkeit von Systemen wahrnehme, einordne und entsprechend handle habe ich einen hilfreichen Rahmen gefunden, um mit komplexen Systemen umzugehen. Für Organisationen und Personen bedeutet dies ein neues Verständnis dafür zu bekommen wie komplexe Systeme beschaffen sein müssen, um dauerhaft erfolgreich in einer veränderlichen Umwelt zu sein. In meinem privaten und beruflichen Werdegang habe ich immer wieder festgestellt, dass häufig systemische Ursachen für das Misslingen eines Vorhabens sind. Personen oder Organisationen möchten zwar etwas tun, sorgen jedoch nicht dafür, dass die systemischen Voraussetzungen geschaffen werden. Die vorhandenen Strukturen sind nicht derart beschaffen, dass lebensnotwendige Abläufe und Dynamiken in Gang kommen. Leben kann sich diese Zufälligkeit nicht leisten, sondern ist darauf angewiesen, dass lebensnotwendige Kreisläufe dauerhaft funktionieren. In Unternehmen harmonieren häufig Absicht und Umsetzung nicht, da man sich der wechselseitigen Abhängigkeiten und Wirkungskreisläufe nicht bewusst ist. Ein systemisches Verständnis über diese Vernetzung ist daher zwingend notwendig, wenn man andere Ergebnisse erzielen möchte. Und hierfür kann das Modell lebender Systeme einen Beitrag leisten. Aus meinem abstrakten Verständnis darüber wie Leben funktioniert, habe ich mir umsetzbare Methoden auf verschiedenen Systemebenen geschaffen. Auf Ebene von Teams und Organisationen sind dies ausgewählte Bausteine der Organisation, Führung, Lean, Agile, ToC usw. mit denen ich meine, diese natürlich notwendigen Wirkungskreisläufe nachbilden zu können. Auf den einzelnen Menschen bezogen haben die Prinzipien viel mit Gewohnheiten, Zeiteffizienz, Selbstorganisation- bzw. Selbstführung, sowie ausgeprägter Eigenwahrnehmung und Reflektion zu tun.
Was bleibt noch zu sagen?
Ich habe vermutlich erst die Spitze des Eisberges gesehen, wenn es darum geht Lebensfähigkeit fundamental zu verstehen. Das hier zum Einsatz kommende Konzept der Lebensfähigkeit ist daher ein evolvierendes Modell. Der zündende Gedanke meines „bionischen Mentors“ Clemens Dachs liegt bereits sechs Jahre zurück und hat mich seither nicht mehr losgelassen. Die Übersetzung des Lebens und seiner Prinzipien geht auf seine Arbeit zurück und ich verdanke ihm diese Einsichten, die mein Denken und Handeln nachhaltig beeinflusst haben. Mit jeder neuen Anwendung im persönlichen, aber auch Organisationskontext kommt ein neues Puzzlestück hinzu. Mit jedem dieser Puzzleteile formt und ordnet sich in meiner Wahrnehmung das Zusammenspiel der einzelnen Prinzipien und ergibt nach und nach ein Gesamtbild. Mein heutiges Verständnis darüber wie die erkannten Prinzipien konkret angewandt werden können, ist eine Momentaufnahme des Erkenntisprozesses den ich täglich durchlaufe. So erhebend es ist die Welt theoretisch zu durchdringen, so notwendig ist es aus diesem Wissen konkrete Handlungsoptionen abzuleiten. Denn „Wissen ohne zu Tun ist nichtwissen“, auch wenn man hierdurch eine persönliche Interpretation des Verstandenen miteinfließen lässt.
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